Warum Hanf? Eine kurze Geschichte des Hanfgebrauchs

Wo immer auf dieser Welt prähistorische Stätten ausgegraben werden, findet sich meistens auch Hanf in Form von Samen und Textilresten oder, wie in einer unlängst entdeckten bayrischen Bronzezeit-Siedlung, als Tonpfeife mit Cannabis-Spuren.

Schon vor 3.500 Jahren, lange bevor mit Columbus der exotische Tabak in Mode kam, wurde in Europa Hanf geraucht. "War der Ur-Bayer Hascher?" titelte die Münchner Abend-Zeitung entsetzt nach Veröffentlichung des Fundes. Der Ur-Bayer und die Ur-Bayerin wussten offenbar sehr wohl von der Wichtigkeit, sich anzuregen und zu entspannen. Dafür benutzten sie einfach die Blüten des Krauts, das ihnen auch Fasern für Textilien, Samen und Öl lieferte.

Ohne Hanf wären Entdecker wie Columbus nie über die Weltmeere gekommen. Nur ein starkes Segeltuch aus Hanf war den klimatischen Bedingungen der Weltmeere gewachsen. Seile und Segel aus Hanf halten auch bei Nässe und Sturm.

Man kann mit einem Baumwollfaden einen Wasserhahn nur ein paar Tage abdichten. Dann beginnt die Nässe, die Faser aufzulösen und es tropft. Der Hanffaden hingegen kann über 30% seines Gewichts an Wasser aufnehmen, ohne an Stabilität zu verlieren.

Diese einzigartige "Nassfestigkeit" ist auch dafür verantwortlich, dass Hanf in vielen Weltgegenden zum bevorzugten Textilrohstoff wurde, denn mit Schweiß kommt Hanf besser zurecht als jede andere Pflanzenfaser. Er kann sehr viel davon aufnehmen und nach außen abgeben, ohne selbst zu reagieren oder gar schlecht zu riechen. Deshalb bleibt Hanfkleidung länger frisch, was nicht nur für die Haut eine Wohltat ist, sondern auch Energie für häufiges Waschen spart.

Hanf wurde in vielen Regionen das "Kraut der Armen" genannt. Der Grund dafür war einfach. Wer gar nichts mehr hatte, konnte sich nur noch auf die Gefährtin aus dem Pflanzenreich verlassen. Eine Handvoll Hanfsamen reichte, um den Körper mit den notwendigen Proteinen und Fettsäuren zu versorgen, die Fasern lieferten Unterwäsche, Oberbekleidung, Bett- und Tischzeug, das Hanföl in der Lampe erhellte die Nächte und die Blüten lieferten eine wichtige Medizin sowie körperliche Entspannung.

Keine andere Pflanze wurde so universell genutzt wie Cannabis – sie stellt auch für die Zukunft alles bereit, was die Menschheit zum Überleben braucht.

Geschichtliche Daten von Hanf

Jahr Nutzung
-10.000

Erste Spuren der Nutzung in Asien, der botanischen Heimat von Cannabis Sativa.

-5.500
Frühester Fund von Cannabissamen auf dem Gebiet des heutigen Deutschland (Eisenberg/Thübingen).

-3.500

Nachweise über Hanfgebrauch u. a. im heutigen Thüringen und Bayern.

-3.000
In Turkestan werden Hanffasern verarbeitet.

-2.300

Erste schriftliche Erwähnung von Hanf als Arzneimittel.

-1.700

Die Ägypter ritzen Hanfbeschreibungen in Tempelwände.

Die Assyrer erwähnen Hanf erstmals in ihren Schriften, sie nennen ihn “Qunnu-Bum” (würzige Rohrpflanze), aus dem die Lateiner später Cannabum, dann Cannabis kreieren.

-960

König Salomon bestellt in Phönizien einen grossen Posten Hanfseile für den Tempelbau.
-800

Phryger hinterlassen in ihren Grabhügeln Stoffe aus Hanffasern (In der Nähe von Ankara).

Die reisefreudigen Skythen sorgen für eine weite Verbreitung des Hanf.

-650
Beschreibung von Hanf auf den Keilschrift-Tafeln in der königlichen Bibliothek des assyrischen Königs Assurbbanipal.

- 500

Hanfsamen als Grabbeigaben bei den Germanen und Kelten.

In China werden Regierungssteuern mit Hanfstengeln bezahlt.

China entwickelt die Herstellung von Hanfpapier.

-400
Beginn des Hanfanbaus in Norwegen.
-300
Wegen wachsender Bedeutung der Schiffahrt werden immer mehr Hanf-Seile benötigt. Europäische Hauptanbaugebiete sind Gallien und Sizilien.
-100
In China wird Papier aus Hanf hergestellt.
150
Schweden beginnt mit dem Hanf-Anbau.
400
Deutschland und England beginnen mit dem Hanf-Anbau.

500

Merowingerkönige werden in Hanfkleidern beerdigt.

von Indien her breitet sich Hanfanbau und -Gebrauch bis in die arabischen Länder aus.

512
Im “Anicia Juliana” Kodex des Dioscorides findet sich die erste botanische Zeichnung einer Hanfpflanze.
565
Die Kleidung der im Jahre 565 in Paris begrabenen Merowingerkönigin Adelgund bestand aus bereits voll aufgearbeitetem Hanfgewebe.

900

Karl der Große verpflichtet Bauern per Gesetz zum Anbau, Steuern können mit Hanfsamen gezahlt werden.

1390
Eröffnung der ersten Papiermühle in Nürnberg zur Massenpapierherstellung. Das Papier wurde überwiegend aus den zumeist hanfhaltigen Alttextilien (Lumpen) hergestellt.

1450

Die Hanfpapier-Technik erreicht Europa und ermöglicht die Gutenberg-Revolution, den Buchdruck.

1455
Gutenberg druckt eine Bibel auf Hanfpapier.
1530/1545
Spanier führen in der Neuen Welt den Hanfanbau ein.
1533
Heinrich der VIII befiehlt Englands Bauern Hanf- und/oder Flachsanbau Zu dieser Zeit werden praktisch sämtliche Textilien aus Hanf-Leinen gefertigt, sämtliche Seile und sogar die Sehnen der gefürchteten Langbogen sind aus Hanf gefertigt.
1611
Jamestown: Siedler pflanzen erstmals auf amerikanischem Boden Hanf zur Gewinnung von Garnen und Seilen an.
1619
Virginia: Das erste Hanf-Gesetz Amerikas tritt in Kraft: “Den englischen, wie auch indischen Hanf betreffend, fordern wir alle Haushalte unserer Kolonie auf, die solcherart Samen vorrätig haben, diese in der nächsten Saison auszusäen.” (Beschluss der Vollversammlung von Virginia).

1629

New England: Hanf wird eingeführt und entwickelt sich schnell zum Hauptrohstoff der lokalen Bekleidungsindustrie.
1631
Hanf gilt in weiten Teilen Nordamerikas als gesetzliches Zahlungsmittel und kann sogar zum Bezahlen der Steuern verwendet werden (dies gilt bis in das frühe 19. Jahrhundert).
1732
*George Washington, Hanfbauer (und der erste Präsident der USA).
1743
*Thomas Jefferson, amerikan. Präsident und Hanfzüchter.
1753
Der Botaniker Linnaeus klassifiziert Cannabis sativa.
1763
Der grosse Hanfverbrauch führt mancherorts zu einer Verknappung des vielseitig eingesetzten Rohstoffes. In der Kolonie Virginia werden sogar Strafen gegen Landwirte verhängt, die keinen Hanf anbauen (bis 1767).
1770
Schwerer Schlag für die Hanfindustrie wegen des Anbruchs des Dampfzeitalters. Hanfseile für das Takelwerk der Schiffe sind nun nicht mehr so gefragt.
1775
Beginn der Hanf-Industrie in Kentucky.

1792/1865

Hanf wird zum Haupterzeugnis Kentuckys; 1860 werden über 40.000 Tonnen produziert.
1794
Die Erfindung der Baumwoll-Egreniermaschine versetzt der Hanfindustrie einen neuen Schlag.
19.Jhdt.
Mit der Einführung des Walöls erhält Hanföl als Lampenöl Konkurrenz.

1811

Napoleon greift Russland an und zieht bis vor Moskau, unter anderem um Rußlands Hanfexporte nach England zu unterbinden.

1850
In den USA werden 8327 Hanfplantagen (Mindestgrösse 80 ha) gezählt, auf denen vor allem farbige Sklaven arbeiten.
1859
Lampenöl auf Hanfbasis wird vermehrt durch Petroleum und Kerosin ersetzt.
1880
Mexikanische Bauern beginnen mit dem Hanfanbau.

1900

Hanf-Tinktur zählt in den Apotheken zu den meistverordneten Arzneien.

1913
In Italien wird auf 90-100.000 Hektaren Hanfanbau betrieben.
1914/1918
Während der Kriegsjahre wird in Deutschland der Hanfanbau wieder vermehrt propagiert und auch betrieben.
1935
In den USA werden allein für Farben und Lacke 58.000 Tonnen Hanfsamen verbraucht.
1936
USA: Du Pont sichert Regierungsvertretern zu, dass Hanföl durch synthetische Öle ersetzt werden könne (die natürlich mehrheitlich von Du Pont hergestellt werden).

1937

Bis 1937 wurden ca. 80 % der weltweit verwendeten Schnüre, Seile und Taue aus Hanf hergestellt. Hauptproduzent zwischen 1740 und 1940 ist Russland.

Die amerikanische Fachzeitschrift “Mechanical Engineering” zählt über Seiten hinweg die Vorzüge des Hanf auf und übertitelt das Ganze mit “Die profitabelste Nutzpflanze, die man sich wünschen kann”.

Du Pont lässt sowohl Verfahren zur Herstellung von Plastik aus Öl, als auch Sulfat/Sulfit-Verfahren zur Papierherstellung aus Holz patentieren (diese Patente sichern Du Pont für die nächsten 50 Jahre 80% des Gesamtumsatzes). Die Du Pont-Papierherstellung ist teurer und umweltbelastender als das Hanf-Papier-Verfahren, das Resultat ist zudem von schlechterer Qualität.

Erstes Hanfverbot in USA, nach 1945 auch in West-Europa.

1938
Du Pont, führend im Hanfölgeschäft, patentiert die Nylonfaser.
1941
Der Automobilpionier Henry Ford stellt der Presse sein “Hanfmobil” vor; ein Auto, das aus Hanf hergestellt ist (Hanf-Kunststoffe für die Karosserie, Armaturen, textile Ausstattung) und mit Hanf betrieben wird. Ford hebt vor allem die im Vergleich zu benzinbetriebenen Autos überaus günstige CO2-Bilanz hervor.
1942
USA: Um die Bauern auf kriegswichtige Rohstoffproduktion einzustimmen wird der wohl massivste Hanf-Werbefilm aller Zeiten gezeigt ( “Hemp for Victory”), in dem die Pflanze als wichtige und patriotische Überlebensgarantie bezeichnet wird. Als besonderer Anreiz werden zudem Farmer und deren Söhne vom Wehrdienst befreit, wenn sie Hanf anbauen.
1943
Europa: Der Krieg führt dazu dass überall in Europa wird Hanfanbau wieder propagiert wird. Der deutsche Reichsnährstand gibt eine aufwendig gestaltete Lehrschrift (“Die lustige Hanffibel”) heraus, das schwedische Landwirtschaftsministerium versucht, die Bürger mit der Broschüre “Svensk Hampodling” zum Hanfanbau zu motivieren.
1945
Nach dem Krieg geht der Hanfanbau in der westlichen Welt wieder bis zur Bedeutungslosigkeit zurück. 

1993

Die HanfHaus GmbH wird in Berlin gegründet und entwickelt als Pionier in Europa wieder erste Hanfprodukte.

1994

In der Folge entstehen bundesweit weitere HanfHäuser und Hanffachgeschäfte – so werden Hanfprodukte für den Verbraucher zugänglich.

1996

Nach einer juristischen Klage fällt das Anbauverbot für Hanf in Deutschland.

1997

Auf 2.800 Hektar wird wieder Hanf angebaut und verarbeitet, das HanfHaus bringt die ersten heimischen Produkte (Speiseöl, Samen) auf den Markt.

1999
Der Hanfwirkstoff THC wird (in synthetischer Form) in Deutschland wieder als Arzneimittel rehabilitiert
2000
Das Bundesverfassungsgericht stuft auch natürliches THC als "grundsätzlich erlaubnisfähig" ein. Damit sind alle Nutzungsmöglichkeiten des Hanfs wieder rehabilitiert.

2001

Die HanfHaus GmbH geht Konkurs. Der Online-Shop www.hanfhaus.de wird aber (von der Fa. Hempro Int.) weitergeführt.

2003

Formpressteile und Faserverbundstoffe mit Hanf (und anderen Naturfasern) sind, zum Beispiel als Türinnenverkleidung, aus der Automobilindustrie (BMW, Daimler-Crysler, Ford) nicht mehr wegzudenken.

2006

Nach den z. T. schwierigen Hanf-Anbau-Erfahrungen der ersten Jahre steigen das Interesse Deutscher Landwirte und die Anbaufläche in Deutschland wieder an.